Aus der Chronik: Erste Arbeiten im vorderen Oetzthal

Man kann nur raten was die Amberger Damen und Herren wohl bewogen hat, sich dem damals weniger bekanntem vorderen Ötztal hinzuwenden? Waren sie mehr Sommerfrischler und Wanderer als Hochalpinisten? War es vielleicht für den Amberger Sektionsvorstand und kgl. Bahnoffizial Herrn Dieterich das Interesse an der neuen Bahnlinie Innsbruck-Landeck, die 1883 eröffnet wurde? Dass der erste Berg im Ötztal über dem kleinen Ort Ambach mit 1628 Meter Höhe „Amberg“ heißt?

Aus dem handschriftlichen Bericht des Gründungsvorstand, Herrn Dieterich:

Mit der Constituierung des Vereins und der Bestätigung des „Central-Ausschusses“ mußte nun das Erste sein über die Art der Thätigkeit sich klar zu werden, bezw. ein bezügliches Gebiet zu suchen. Vor einigen Jahren war es nicht schwer ein Gebiet, welches die an dasselbe zu stellende Bedingungen besaß, aufzusuchen, während man gegenwärtig vom Glück sagen darf, sich erfolgreich irgendwo festsetzen zu können.

Die Wahl fiel auf das äußere Oetzthal; dasselbe erfüllt die Bedingungen im hohen Grade. Außerdem läßt solches jederzeit Touren vom kleinsten Spaziergang bis zur ausgiebigsten und gefährlichsten Kletterei zu, hat den schönen Piburger See, viele Hochseen, den größten Wasserfall Tirols, Klammen, ist überhaupt geeignet für Jedermann. Die Bewohner sind bieder, die Wirtshäuser gut und billig.

Mit der Sektion Breslau, die bereits 1882 eine Unterkunftshütte bei Vent am Urkundgrat der Wildspitze erbaut hat, ist man sich dahin gehend einig, daß das Thal unterhalb Gurgl und Vent der Sektion Amberg überlassen bleibt.

Der Centralausschuß, von der Wahl des vorderen Oetztales verständigt hat die Zusage dem Vorstand im Frühjahr 1884 „freudigst“ mitgeteilt und die Sektion aufgefordert, sofort, das ist zu Beginn der Saison ein größeres Objekt in Angriff zu nehmen und das nötige Kleingeld hierzu in Aussicht gestellt.

Die vorerst günstigsten Objekte waren ein Wegebau um den Piburger See und die vollständige Zugänglichmachung des großen Stuibenfalls in Umhausen.
In Oetz hatte sich inzwischen ein Verschönerungsverein gebildet, der die nachahmenswerte und für das bäuerliche Element passende Einrichtung getroffen hatte, die Bezahlung der Beiträge in Tagschichten zuzulassen. Um beide genannte Objekte noch im Jahre 1884 ausführen zu können, hat man den befreundeten Oetzer Verschönerungsverein veranlaßt, sich dem Weg zum Piburger See zuzuwenden.

Bezüglich des Sees musste die Sektion sich darauf beschränken, die Anregung zu geben und eine stattliche Anzahl von Wegtafeln zu liefern.

Erhard Misler

Quellenangaben:

Aus der Chronik: Gründungen der Alpenvereine sowie der Sektion Amberg

1857: Gründung des „Alpine Club“ in London, am 22.12.1857, erster Bergsteigerclub

1862: Gründung des österreichischen Alpenvereins in Wien, 01.07.1862: Paul Grohmann, Edmund von Mojsisovics, Guido Freiherr von Sommaruga

1863: Gründung des Schweizer Alpenclubs in Olten, 19.04.1863

1869 am 9. Mai: Gründung des Deutschen Alpenvereins in München durch: Franz Senn (Vent), Johann Stüdl (Prag), Trautmann (München), Carl Hofmann (München)

1869: Gründung des Österreichischen Touristenklub (ÖTK) in Wien

1873: Der Österreichischen Alpenverein geht mit 1414 Mitgliedern als Sektion Austria in den neuen „Deutschen und Oesterreichischen Alpen-Verein“ ( D.u.Oe.A.-V.) auf.

1883: Am 29. Oktober 1883 beschließen 30 Amberger Bergfreunde, die bis dato verschiedenen Sektionen des deutschen und österreichischen Alpenvereins angehören, die Sektion Amberg zu gründen. Es ist die zehnte Sektion in Nordbayern und die 90. im Gesamtverband.
Neben den Wandervereinen der Mittelgebirge erlebt der Alpenverein in den Jahren nach 1870 bis zur Jahrhundertwende allgemeines Interesse und einen bedeutenden Mitgliederzuwachs sowohl bei Akademikern als auch im neuen Bürgertum. So fand sich auch in Amberg ein Kreis von Alpenfreunden, Bergsteigern und Bergwanderern zu geselligen Abendveranstaltungen, auch mit dem Gedanken caritativer Hilfsaktionen. Dass bei solch einem Wohltätigkeitskonzert 1882 im Stadttheater, wie die „Amberger Volkszeitung“ berichtet:

Mit dramatisch-musikalischer Produktion, dank dem Kunstsinn und der so vielfach erprobten Opferwilligkeit der hiesigen Einwohnerschaft einen unerwartet günstigen Verlauf nahm, sodass mit Einschluss der freiwilligen Liebesgaben eine Bruttoeinnahme von 430 Mark erziehlt wurde zur Verteilung an Unwettergeschädigte in Kärnten und Tirol.

(Dies entspricht dem Lohn eines Arbeiters für 7 Monate).

Über die Gründung der Amberger Sektion berichtet der damalige erste Vorsitzenden Herr Dieterich, kgl. Bahnoffizial:

Der Impuls zur Gründung der Sektion Amberg wurde gelegentlich der General Versammlung des deutschen und österreichischen Alpenvereins, Vorort in Passau im Jahre 1883 gegeben. (Datum: 28. August 1883 – 200 Mitglieder aus 81 Sektionen). Von den Dahier weilenden, zumeist der Sektion München angehörenden Mitgliedern war daselbst eine ziemliche Anzahl vertreten.
Die große Anzahl, wenn ich mich recht erinnere, waren es einige Nichtmitglieder, umgerechnet im Ganzen 15 Personen veranlasste insbesondere den jensmaligen 1. Präsidenten des Central Ausschusses, Herrn Professor Richter, dann den bayer. Oberföster in St. Martin in Tirol, Herrn Ladner, einen geborenen Oberpfälzer, mich, der ich zufällig zum Obmann der hiesigen Mitglieder geworden war, anzugehen die Gründung einer Sektion in Amberg sofort, d.h. in Passau zu bestätigen.

Ich glaubte jedoch, ohne mit den in Amberg zurückgebliebenen Mitgliedern Rücksprache genommen zu haben, hierzu nicht berechtigt zu sein und beschränkte mich auf die Zusage nach Ankunft die Frage zu ventilieren. Nachdem an und für sich die Sache günstig gestimmt war, wurde unter 23. Oktober 1883 bei reger Betheiligung, gelegentlich der Verspeisung eines feisten Ötzthaler Gamsbockes, dessen Krickel im Sektionslokal als Trophäe hängen, die Sektion, wenn auch mit einiger Opposition gegründet. Zu der neuen Sektion fanden sich 28 Mitglieder mit einem Beitrag von 6 Mark, wovon 3,50 M an den Centralausschuß abzuführen waren.

Die Constituierung der Sektion Amberg ist vom Central-Ausschuß, überhaupt in alpinen Kreisen aufs Freudigste begrüßt worden. Von allen Seiten liefen Glückwunschschreiben und Geschenke für die Bibliothek und zur Ausschmückung des Lokals ein, zugleich war aber auch nicht unschwer zwischen den Zeilen zu lesen, man hoffe, die Sektion möge es nicht so mancher ihrer Schwestern nachahmen, sondern thätig in das alpine Leben eingreifen. Es mußte nun das Erste sein, über die Art der Thätigkeit sich klar zu werden, bezw. ein bezügliches Gebiet zu suchen. Vor einigen Jahren war es nicht schwer ein Gebiet, welches die an dasselbe zu stellende Bedingungen besaß, aufzusuchen, während man gegenwärtig vom Glück sagen darf, sich erfolgreich irgendwo festsetzen zu können.

Erhard Misler

Aus der Chronik: Die Amberger Hütte – von 1888 bis 2014

1888: Ludwig Purtscheller regt beim Central-Ausschuss des D.u.Oe.AV. den Bau einer Unterkunftshütte im Sulzthal oberhalb von Gries an. Die junge Sektion Amberg wird den Bau mit finanzieller Hilfe des CA. erstellen.
Im Außenmaß 7,30 x 8,00 Meter, ein Innenraum mit 40 qm. Eine Bretterwand teilt Aufentshalt- vom Schlafraum mit 6 Lagerplätzen.
Der Sektionsvorstand Dr. Schmelher beschreibt u.a. den Bau:

Einzige Bequehmlichkeit: der Abort ist mittels Schubthür direkt vom Schlafraum erreichbar.

Die Baukosten: 3.545 österr.Gulden = 6.060 Mark.
Die Sektion zahlt 1.500 Mark, den Rest – 4.500 Mark – trägt der Central-Ausschuss.

1938: Auf den Mauern von 1888 und dem rückseitigen Anbau 6 Meter von 1901 wird ein Ober- und Dachgeschoß aufgesetzt.
9 Zimmer mit 25 Betten im 1. Stock und 22 Lager unterm Dach. Die Hütte ist drei Monate im Sommer und drei Monate im Winter bewirtschaftet.
Die Baukosten: RM 50.000, mit einem Zuschuss des Hauptvereins von RM 25.000.
Zum Kriegsende 1945 fällt die Hütte der allgemeinen Beschlagnahme anheim. Die Verwaltung erhält die Sektion Edelweiß im Österreichische Alpenverein in Wien.

1956: Rückgabe der Hütte in das Eigentum der Sektion Amberg.

1960: Bau eines eigenen E-Werkes, DM 35.000, mit Zuschuß vom DAV DM 18.000.

1975: An der Westseite 2-geschossiger Anbau, 16,40 x 4,70 Meter; Gastraum, Toiletten, Waschräume und ein 16-er Lager. Elektrische Fußbodenheizung im Gast- und neuen Schlafraum. Große Küche, Lager für Material und Lebensmittel. Winterraum mit 14 Plätzen und Kochstelle
Baukosten: DM 360.000 – Beihilfe vom DAV DM 150.000.

1990 bis 2000: Laufend Bauauflagen der Behörde: Kläranlage, neues E-Werk, Aufstockung über der Küche für Personalwohnräume und im Dachgeschoß neue Schlafplätze für Bergsteiger. Neuer Eingangsbereich mit Trockenraum. Getrennte Lagerräume für Lebensmittel und Geräte.
Ausgaben für Neubauten, Instandhaltungen: ca. 1 Mio. DM, finanziert mit Eigenmitteln, Darlehen und Beihilfe von 100.000 DM. Jährlich bis zu 5.000 Tages- und 5.000 Nachtgäste.

2014: Auf dem westseitigen Anbau von 1975 entsteht in Holzkonstruktion ein Aufbau für 4 Schlafräume mit zusammen 18 Betten. Aus dem bisherigen, aus 1938 stammenden Damenlager im Dachgeschoß, wird ein Gruppen-Gemeinschaftsraum. Dazu ist eine Erneuerung des Daches – aus 1938 und 1975 – stammend, nötig.
Die Hütte verfügt jetzt über 28 Betten in 9 Zimmern, 22 Plätze in 5 Mehrbetträumen, 2 größere Matratzenlager mit zusammen 22 Plätzen, dazu ein Winterraum mit eigener Kochgelegenheit für 14 Personen, insgesamt Platz für 86 Übernachtungsgäste.
Im Erdgeschoß 2 Gasträume mit zusammen 100 Plätzen. Der “Alte Gastraum” mit 45 Plätzen ist in den historischen Mauern des Urbaues von 1888. Eine große Terrasse bietet Platz für bis zu 100 Personen.

Erhard Misler

Ankündigung der Beitragsreihe „Aus der Chronik“

Ende des letzten Jahres entstand die Idee, die Geschichte der Sektion Amberg der Öffentlichkeit besser zugänglich zu machen.
Unser Chronist Erhard Misler, der in den vielen Jahren, die in der Vorstandschaft tätig war, ein großes Archiv zusammengetragen hat, möchte Ihnen dieses nicht länger vorenthalten, sondern im Zuge einer Reihe von Beiträgen hier auf der Website nach und nach präsentieren.

Geplant ist die Veröffentlichung eines Artikels pro Monat, der Flexibilität wegen allerdings zu keinem festgelegten Datum. Der erste Bericht erscheint in den kommenden Tagen direkt auf der Startseite und befasst sich mit der Entstehung und bisherigen Entwicklung der Amberger Hütte.