Tourenbericht: Klettersteige rund um die Bettelwurfhütte

Freitag, 10. September bis Freitag, 17. September 2021

Geplant war, von der Pfeishütte aus über den Absamer Klettersteig zur Bettelwurfhütte zu steigen. Nach Überschreitung vom Kleinen zum Großen Bettelwurf über Klettersteige war – nach einem Abstecher auf die Speckkarspitze – das Hallerangerhaus unser nächstes Ziel. Von hier aus wollten wir über das Überschalljoch ins Vomper Loch absteigen und über den Knappensteig Gnadenwald, den Endpunkt unserer Tour erreichen.


Teilnehmer:
Tabea, Werner, GeSie, Vroni, Gerda, Cordula, Petra, Thomas, Richard

Freitag, 10.09.2021
Bärenrast, Inntal (1010) – Lamsenjochhütte (1953)
↑ 940 Hm     ↓ 0 Hm     → 7,8 km     t 2,5 h

Zur besseren Akklimatisation sind Richard und GeSie bereits am Freitag angereist und haben die Lamsenjochhütte angesteuert.
Nach einer staufreien Anfahrt erreichten wir schließlich Schwaz, wo wir vom Navi prompt ins Ortszentrum geleitet wurden, obwohl sich der Parkplatz Bärenrast sieben km oberhalb der Ortschaft befindet. Auch ein zu Rate gezogener Bauarbeiter konnte uns leider nicht weiterhelfen, da dieser uns bis fast zum Achensee zurückgeschickt hätte. Also haben wir die gute alte papierne Wanderkarte zu Rate gezogen und mit Hilfe des Handy-Navis haben wir unseren Ausgangspunkt auf einer sehr schmalen Bergstraße schließlich doch erreicht.
Unser Ziel war die Lamsenjochhütte, zu der wir laut Wanderwegweiser dreieinhalb bis vier Stunden gebraucht hätten. Leider wäre uns dadurch jedoch der Nachmittagskaffee entgangen, weshalb wir stattdessen in zweieinhalb Stunden auf einem geschotterten Fahrweg hochgelaufen sind.
Untergebracht wurden wir in einem 12-er Lager. Wegen der Corona-Maßnahmen wurde es aber nur zu zwei Dritteln belegt, was für Richard ein Glück war, da er sich so diagonal in das etwas kurze Bett legen konnte.

 
Samstag, 11.09.2021
Lamsenjochhütte – Lamsenspitze (2508) über Brudertunnel – Lamsenjochhütte
↑ 570 Hm     ↓ 570 Hm     → 3,7 km     t 3,0-3,5 h
Lamsenjochhütte – Schafjöchl, Vorgipfel (2107) – Lamsenjochhütte
↑ 170 Hm     ↓ 170 Hm     → 1,2 km     t 1,0 h

Nach einer schnarchfreien, leider auch sehr regenreichen Nacht ließen wir uns Zeit mit dem Frühstück, um den Fels etwas abtrocknen zu lassen. Tagesziel war die Lamsenspitze. Über einen leichten Klettersteig der Schwierigkeit A/B, der am Schluss durch den sogenannten Brudertunnel mit der Schwierigkeit C führt, erreichten wir die Lamsscharte. Kurz nach dieser führt der Klettersteig auf zum Teil neuer Wegführung auf den Gipfel der Lamsenspitze, auf der wir aber leider wegen Nebel keine Fernsicht genießen konnten. Für den Abstieg wählten wir den Weg über das Östliche Lamsenjoch, der an einzelnen Passagen auch seilversichert ist. Unterhalb des Jochs konnten wir eine große Gämsherde beobachten.
Nach dem obligatorischen Kaffee mit Apfelstrudel war es noch zu früh für die Hüttengaudi, deswegen machten wir noch einen kurzen Ausflug zum Schafjöchl. Dort lernten wir zwei Frauen aus Franken kennen, was, auch abends in der Hütte, zu interessanten Disputen betreffend des Verhältnisses Oberpfalz – Franken führte.

 
Sonntag, 12.09.2021
Lamsenjochhütte – Bärenrast
↑ 0 Hm     ↓ 940 Hm     → 7,8 km     t 3,0-3,5 h
Hafelekar (2270), Zustieg zur Pfeishütte (1922)
↑ 190 Hm     ↓ 540 Hm     → 5,7 km     t 2,0 h

Nach dem Abstieg zum Auto fuhren wir nach Absam bei Hall in Tirol, wo wir uns mit dem Rest der Gruppe trafen. An einem sehr sonnigen Sonntag war es gar nicht so einfach, einen freien Parkplatz zu ergattern.
Wir sind zwar Mitglieder im weltgrößten Bergsteigerverband, begonnen haben wir unsere Tour allerdings mit einer Bus- sowie einer Seilbahnfahrt. Nachdem wir nach einigem Rätseln die richtige Bushaltestelle gefunden hatten, starteten wir Richtung Innsbruck. Nach einigen Stationen hat uns der Busfahrer aussteigen lassen, damit wir eine schnellere Linie nehmen konnten – nur, um dann 15 Minuten später wieder in den gleichen Bus einzusteigen. Nach einhelligem Urteil war die Fahrt durch die teils engen Ortsdurchfahrten von Absam, Thaur, Rum und Innsbruck die wildeste Busfahrt Tirols.
Mit der Standseilbahn fuhren wir zur Station Hungerburg der Nordkettenbahn. Von dort standen zwei Alternativen zur Auswahl: Auffahrt bis zur Mittelstation oder weiter zur Bergstation, wodurch wir uns 350 Höhenmeter gespart hätten. Die Entscheidung fiel sehr schnell zugunsten der Bergstation. Nachdem wir nach fünf Minuten die vielen Birkenstock-Touris hinter uns gelassen hatten, wanderten wir auf dem sehr aussichtsreichen Goetheweg, von wo man lange Zeit direkt einen Blick ins Inntal mit Innsbruck hat, in gemütlichen zwei Stunden zur Pfeishütte, der ehemaligen Hütte unseres Amberger Hüttenwirts Serafin. Da es für Kaffee und Kuchen zu spät war, gingen wir gleich zum Weißbier über. Die Pfeishütte ist eine kleine, aber feine gemütliche Hütte und super organisiert. Nach einem 4-Gänge-Menu vertrieben wir uns – mit dem gut geheizten Kachelofen im Rücken – die Zeit mit Schafkopfen und Gesprächen über den bevorstehenden Tag, bevor wir in die Lager krochen.

 
Montag, 13.09.2021
Pfeishütte – Stempeljoch (2213) – Halltal, Einstieg Absamer Klettersteig (1065) – Bettelwurfhütte (2077)
↑ 1300 Hm     ↓ 1160 Hm     → 13,0 km     t 9,5 h

Heute stand die größte Tagestour der Woche auf dem Programm. Das Wetter zeigte sich zum Glück den ganzen Tag über von seiner besten Seite. Nach frühem Start um 7:45 Uhr stiegen wir zuerst zum Stempeljoch auf, von wo wir einen ersten skeptischen Blick in die sehr steile Schuttreise werfen durften. Zum Glück war der Weg erst saniert worden, trotzdem war große Vorsicht beim Abstieg geboten. Die Konzentration war spür- und hörbar, ab dem Stempeljoch bis zum Ende des steilen Geröllfeldes war es sehr still in der Gruppe. Bei einer Wegverzweigung hätten wir, immer auf gleicher Höhe, in gemütlichen 2-3 Stunden zur Bettelwurfhütte wandern können, aber wir wollten schließlich den Absamer Klettersteig zur Hütte begehen. Vorbei am ehemaligen Salzbergwerk Herrenhäuser stiegen wir also weiter ab ins Halltal, wo wir uns in St. Magdalena nochmal kurz stärkten. Bei der II. Ladhütte hatten wir den tiefsten Punkt der heutigen Tour erreicht. Wir legten unser Geschirr an und aßen noch eine Kleinigkeit, dann gings los Richtung Klettersteig: 600 Höhenmeter im Klettersteig und 1300 Klettermeter standen uns bevor. Bereits beim Zustieg zum Steig wurde uns klar, dass wir auf dem südwärts ausgerichteten Klettersteig ordentlich ins Schwitzen geraten würden. Der Fön tat sein Übriges, und das alles bei vollem Gepäck. Um 12:45 stiegen wir ein, außer uns war niemand unterwegs. Weiter hinten befand sich noch eine Gruppe mit 15 jungen Männern. Nachdem diese uns relativ schnell ein- und auch überholt hatte, stellte sich heraus, dass es sich um eine Fortbildung von Polizisten mit zwei Polizei-Bergführern handelte. Um 14:45 Uhr hatten wir die Mitte des Steigs erreicht, vor uns glänzten im Sonnenlicht die Seile der Dreiseilbrücke. Da die Seile relativ locker gespannt sind, war sie sehr unangenehm zu begehen, allerdings wirkte die Umgehungsvariante der Schwierigkeit C/D auch nicht viel verlockender. Die Hitze forderte ihren Tribut, darum kamen wir erst um 17:30 zum Ausstieg des Klettersteiges. ‘Hütte in Sicht‘ war erfreut von einigen Teilnehmern zu hören. Thomas und ich wussten aber, dass uns noch 400 Höhenmeter bevorstanden, vorsichtshalber behielten wir das aber erstmal für uns. Um 18:45 Uhr trudelten wir endlich auf der Hütte ein. Die nette Hüttenwirtin verlängerte den Beginn des Abendessens auf 19:15 Uhr, ‘jetzt trinkts erst mal was‘. Duschen gibt’s auf der Bettelwurfhütte nicht, aber das ist eh nur was für Weicheier. Immerhin konnten wir uns noch waschen, zwei Tage später ging auch das nicht mehr. Nach dem Abendessen und ein paar Gläschen Wein ließen wir den Tag Revue passieren: Lang war’s, anstrengend war’s, schön war’s. Und der nächtliche Blick auf das beleuchtete Inntal mit Hall und den vielen anderen Ortschaften entschädigte für alles.

 
Dienstag, 14.09.2021
Großer Bettelwurf (2725) über Eisengattergrat
↑ 640 Hm     ↓ 640 Hm     → 4,4 km     t 5,0 h

Nachdem der vorherige Tag recht anstrengend gewesen war, verzichteten wir auf die Überschreitung vom Kleinen zum Großen Bettelwurf. Tagesziel war ein Ruhetag mit Gipfelerlebnis sowie eine gemütliche Kaffee- und Kuchenrunde auf der Hüttenterrasse. Nach einem gemütlichen Start um 8:30 Uhr ging es über den Eisengattergrat, einen Klettersteig der Schwierigkeit A/B, auf den Großen Bettelwurf, den höchsten Punkt unserer Tourenwoche. Da wir genug Zeit hatten genossen wir bei der ausgiebigen Gipfelrast den 360°-Rundumblick. Der Abstieg erfolgte wieder über den Eisengattergrat, zwischendurch sonnten wir uns ausgiebig auf einer Hangwiese. Auf der Hüttenterrasse ließen wir es uns dann gut gehen mit Kaffee, Kuchen, Weißbier, Sonnenbaden, Ratschen, …

 
Mittwoch, 15.09.2021
Bettelwurfhütte – Speckkarspitze (2621) über Normalweg – Hallerangerhaus (1768)
↑ 680 Hm     ↓ 990 Hm     → 8,5 km     t 5,5 h

Das Wetter verschlechterte sich leider zunehmend. Wenigstens regnete es nicht, die Sonne versteckte sich jedoch den ganzen Tag. Auf dem Weg zu unserer nächsten Unterkunft, dem Hallerangerhaus, machten wir noch einen Abstecher auf die Speckkarspitze. Auch hier gibt es viele Seilversicherungen A/B. Trotz des unsicheren Wetters hatten wir auf dem Gipfel aber einen fantastischen Fernblick.
Thomas hatte das Cappy seines Sohnes auf der Bettelwurfhütte vergessen, also ist er, ohne Gepäck, nochmal zur Hütte zurückgerannt, um es zu holen. Ich persönlich bin jedoch davon überzeugt, dass das nur eine Ausrede war und er in Wahrheit den Kaiserschmarrn probieren wollte, der am Tag zuvor auf den Tellern des Nebentisches so lecker ausgesehen hatte. Bevor er sich wieder auf den Weg machte, wollte er sich nochmal die Hände waschen, aber wie schon gesagt, es gab kein Wasser mehr, nur mehr zum Kochen.
Beim Abstieg zum Hallerangerhaus konnten wir die fantastischen Schnittl-Wände in der Nordwand der Speckkarspitze bewundern. Sie sehen aus wie senkrechte aufgestellte, mit dem Messer geschnittene Platten aus Kalkstein. Das Wetter hat auch durchgehalten, wir sind alle noch trocken auf der Hütte angekommen. Abends ist allerdings der Fön zusammengebrochen und es hat dann zum Teil heftig geregnet.
Das Hallerangerhaus ist frisch renoviert und sehr großzügig gestaltet mit großen Zimmern, vielen Raffinessen und allem Komfort. Wir haben das durchaus genossen, aber ich frage mich schon, ob das in diesem Ausmaß sein muss, schließlich handelt es sich um Schutzhütten und keine Hotels.

 
Donnerstag, 16.09.2021
Hallerangerhaus – Überschalljoch (1913) – Vomper Loch (1060) – Knappensteig – Walderalm (1502) – St. Martin im Gnadenwald (890)
↑ 780 Hm     ↓ 1650 Hm     → 17,5 km     t 8,0 h

Wettervorhersage: Regen, und das den ganzen Tag. Eigentlich sollte der Tag landschaftlich der Höhepunkt der Tourenwoche werden, aber daraus wurde leider nichts. Zum Glück hörte der Regen aber mit dem Erreichen des Überschalljochs auf und wir konnten sogar kurzärmlig wandern. Der Nebel und die Wolken zauberten dann eine mystische, zauberhafte Stimmung. Auch konnten wir aufgrund der nassen Witterung viele Alpensalamander beobachten. Das waren aber außer den Kühen auf der Alm, einer einzelnen Gämse im Vomper Loch sowie einer Kreuzspinne, die beim Jagdhaus in der Au ihr Netz mit einer Spannweite von über drei Metern gebaut hatte die einzigen Tiere, die wir an diesem Tag sahen.
Der Wegweiser aus dem Vomper Loch zum Knappensteig enthält den Warnhinweis ‘Nur für schwindelfreie und erfahrene Bergtouristen‘. Der Knappensteig ist kein richtiger Klettersteig, es sind aber viele seilversicherte Stellen der Schwierigkeit A/B. Kein Problem für uns, wider Erwarten ist es trocken geblieben, jetzt sollte es spannend werden. Dachten wir. Sobald wir die ersten Höhenmeter bewältigt hatten, fing es wieder an zu regnen. Trittsicherheit war in dem nassen, zum Teil grasigen Gelände absolut gefragt. Leider konnte man die landschaftliche Schönheit bei diesem Wetter nur erahnen. Irgendwann lag der Steig hinter uns und wir kamen gerade noch rechtzeitig zur Walderalm, die gerade in Ermangelung an Gästen schließen wollte. Der Alm-Öhi kredenzte uns dann sehr leckeren Kuchen zum wärmenden Kaffee.
Schließlich rafften wir uns doch noch auf, um den Abstieg nach St. Martin im Gnadenwald in Angriff zu nehmen, der laut der Beschilderung an der Alm eineinhalb Stunden in Anspruch nehmen sollte. Nach zwanzig Minuten Fußmarsch stießen wir dann auf ein weiteres Schild, welches den Weg nach St. Martin erneut mit eineinhalb Stunden auswies. Nach weiteren zehn Minuten erreichten wir eine Weggabelung, an welcher sich zwei Wegweiser befanden. Beide Wege führten zum Ziel, der eine sollte eineinhalb Stunden dauern, der andere eine Stunde. Natürlich entschieden wir uns für die einstündige Variante. Allerdings erreichten wir nach fünfzehn Minuten ein weiteres Schild, laut dem der restliche Abstieg eineinviertel Stunden dauern sollte. Irgendwann sind wir dann trotzdem in unserer Pension angekommen. Hier gab’s endlich ein Bett, das lang genug für Thomas war. Das Essen war sehr gut und wir haben den Tag bzw. die Tourenwoche schön ausklingen lassen, es gab keine Hüttenruhe um 22:00 Uhr.

 
Freitag, 17.09.2021
Martinsstuben – P im Halltal
↑ 30 Hm     ↓ 140 Hm     → 4,0 km     t 1,25 h

Nach dem reichlichen Frühstück gab es tatsächlich kurz die Überlegung, ob wir von Gnadenwald zum Parkplatz vielleicht mit dem Bus fahren sollten, auch waren nicht alle mit Zeitungspapier ausgestopften Schuhe über Nacht ganz trocken geworden. Da es aber nicht mehr regnete und uns kaum Höhenmeter bevorstanden, entschieden wir uns trotzdem, zu Fuß zu den Autos zu wandern, auch, um die Tourenwoche schön ausklingen zu lassen. Das war auch eine gute Entscheidung: Bei der Querung eines Baches, der vom Bettelwurf herabfließt, lag er dann tatsächlich im Bachbett: Der Gipfelstein vom Großen Bettelwurf für Tabea. Über die Heimfahrt mit den üblichen Staus um München verliere ich kein weiteres Wort.

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